Von Dr. Andrea Schulz, Leiterin des Systems der Duden Institute für Lerntherapie
Rechnen lernen heißt sehen lernen – wie ist das zu verstehen? Für ein gutes Verständnis der Rechenoperationen müssen Strukturen und Beziehungen erkannt, genutzt oder selbst gebildet und Vorstellungen entwickelt werden. Helfen sollen dabei Anschauungsmaterialien. Diese dienen u. a. der Entwicklung von Vorstellungsbildern. Um die gewählten Materialien sachadäquat zu nutzen und daran Zusammenhänge entdecken zu können, muss der Lernende erst etwas in diese Gegenstände oder Bilder „hineinsehen“ können. Das ist ein Prozess, der in den ersten Grundschuljahren bewusst geführt werden sollte, zumal jüngere Kinder noch vorwiegend ihre Erkenntnisse mit dem Tastsinn gewinnen.
Mit Würfelbildern die Zahlen bis 10 „sehen“ können
Eine Anleitung zum „richtigen Sehen“ beginnt mit der Auswahl der Anschauungsmittel. Sie sollten das Erkennen von Strukturen fördern und leicht in der Vorstellung rekonstruiert werden können. Für die Entwicklung von Vorstellungen zu Zahlen sind z. B. die Würfelbilder zu empfehlen. Mit dem Würfel sind die meisten Kinder schon vor der Einschulung vertraut. Sie können die Anzahl der Punkte auf einen Blick erfassen. Jeder möge sich davon überzeugen, indem er nach der Anzahl der Punkte fragt, dem Kind eine beliebige Seite eines Würfels nur ganz kurz zeigt, sodass die Anzahl nicht zählend ermittelt werden kann.
Wie könnte nun die 7 dargestellt werden, sodass die Anzahl schnell und ohne Zählen „gesehen“ wird? Es ist sinnvoll auf das Bild der 5 zurückzugreifen, da wir diese Anzahl noch erfassen können, ohne zählen zu müssen. Daher setzt sich das Bild der 7 aus 5 und 2 zusammen, die Darstellung der 6 kann ebenfalls auf das Bild der 5 zurückgeführt werden.
Für einen ganzheitlichen Aufbau des Zahlenraums bis 10 können nun die Würfelbilder bis 5 in einer Reihe und dann entsprechend darunter Würfelbilder von 6 bis 10 angeordnet werden (Abb. 1). Damit offenbart sich eine Struktur, die später beim Rechnen hilfreich sein wird.
