Das Bildungsverständnis muss neu gedacht und beziehungsorientiert umgesetzt werden.

von Armin Krenz, Honorarprofessor für Entwicklungspsychologie und Elementarpädagogik (Bukarest) et. Prof. h. c. Dr. h. c. (staatl. Landesuniversität Moskau)

Wie Kinder lernen
Erkenntnisse aus dem Feld der Hirnforschung weisen immer wieder auf die hohe Bedeutung der Gefühle hin, die beim Lernen wirksam werden. Dabei ist ein gehirnmäßiges Lernen keine neue Theorie, keine modernistische Strömung und kein neuartiges Programm, sondern vielmehr die biologische Grundlegung für alle nachhaltigen Lernprozesse!

Lernen geschieht nur, wenn Wahrnehmungen zu einem tiefen Erlebnis führen – und das ist der Fall, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Das Kind muss sich als bedeutsam erleben, etwa in dem Gefühl: „Ich bin etwas wert, ich besitze in dieser Situation eine Bedeutung; ich kann was – ich habe die Möglichkeit, meine Stärken zu zeigen, wobei ich auch Fehler machen und aus ihnen lernen darf/kann.“
  • Die „Lernsituation“ muss für das Kind einen Bezug zu seiner Alltagswelt besitzen, weil unser Gehirn nur dann etwas nachhaltig abspeichert, wenn es auf die Frage „Wozu kann ich das gebrauchen, was kann ich damit anfangen, inwieweit führt mich die gewonnene Erkenntnis weiter?“ eine Antwort findet.
  • Die „Bildungs- bzw. Lernatmosphäre“ muss motivierend sein. Das heißt, dass sich das Kind in seiner Lernsituation wohlfühlt, wenn es sich möglichst angstfrei auf Lernherausforderungen einlassen kann, und sich innerlich motiviert fühlt, sich auf den Lerngegenstand zu konzentrieren.

Allzu schnell wird häufig von Eltern oder Lehrkräften gesagt, Kindern fehle es an Motivation, die Konzentration sei nicht – wie gewünscht – vorhanden oder Kinder seien abgelenkt. Auf diese Weise wird den Kindern eine Bringschuld zugewiesen, ohne sich als Erwachsener die zentrale Frage zu stellen, woran es liegt bzw. welche aktuellen Einflüsse es sind, die Kinder dazu führen, diese Verhaltensmerkmale an den Tag zu legen. So führt das Gefühl der Nicht-Annahme schnell zur Lernverweigerung bzw. zur Abwehr, sich auf Lernnotwendigkeiten einzulassen.