Die Macher: Dr. Andrea Schulz und Dr. Gerd-Dietrich Schmidt im Interview

Wer steckt eigentlich hinter der Duden-Lerntherapie? Frau Dr. Schulz schuf mit Ihrer Dissertation die wissenschaftliche Basis für das Konzept der Duden Institute. Als Mitbegründer des ersten Duden Institut für Lerntherapie 1992 in Berlin entwickelte Geschäftsführer Dr. Schmidt die Strukturen für ein Partnersystem, sodass die Duden Institute 20 Jahre später nun an über 50 Standorten vertreten sind. Im Interview schildern beide ihre Beweggründe, Erfahrungen und Erlebnisse.


Dr. Andrea Schulz, Sie haben mit Ihren Untersuchungen zur Dissertation 1992 den wissenschaftlichen Grundstein für das Therapie-Konzept der Duden Institute gelegt. Wie würden Sie Ihr Konzept mit wenigen Sätzen beschreiben?

Dr. Schulz:
Mir war es wichtig, Erkenntnisse aus der Didaktik mit denen aus der Psychologie und aus der Medizin zu verbinden. Kinder benötigen, damit sie sich gesund entwickeln, vor allem Lernfortschritte und Lernerfolge. Das klingt sehr einfach, ist aber in der Umsetzung oft nicht leicht, vor allem dann, wenn wichtige Lernvoraussetzungen noch fehlen. Aufgabe der Erwachsenen ist es, Kinder beim Lernen so zu führen, dass sie diese Lernerfolge erleben. Ein Grundprinzip in unserer integrativen Lerntherapie, die meist in Einzeltherapie durchgeführt wird, ist deshalb das entdeckende Lernen und die Reflexion über die dabei gesammelten Erfahrungen. Die Kinder entdecken so zum Beispiel selbst viele Strukturen und Regeln in der Mathematik oder in der Rechtschreibung. Das Wissen wird dadurch im Gehirn tiefer verankert und gleichzeitig spüren die Kinder den Erfolg und ihr Selbstvertrauen wächst.

Bevor wir mit der Lerntherapie beginnen, werden die Lernschwierigkeiten in einer tief gehenden Diagnose analysiert. Auch das Lernumfeld wird genau betrachtet. Dadurch kann dann mit einem individuellen Therapieplan an den wichtigen Fähigkeiten, wie zum Beispiel Orientierung, Vorstellung oder Abstraktionen, entsprechend der Bedürfnisse des Kindes, gearbeitet werden. Gelernt wird über viele Sinne. Letztendlich wird in der Lerntherapie bei uns der Rahmen geschaffen, den das kindliche Gehirn zum Lernen benötigt.

Kann man sagen, die Kinder lernen bei Ihnen das Lernen?
Ja, das trifft zu. Und noch etwas kommt hinzu: Entscheidend für unseren Erfolg ist, dass Eltern fortlaufend informiert werden und in die Arbeit durch häusliche Übungen einbezogen werden. So können sie die Entwicklung ihrer Kinder optimal unterstützen.

Dr. Gerd-Dietrich Schmidt, 1992 waren Sie bereits erfolgreicher Mitbegründer und Geschäftsführer des PAETEC Schulbuch-verlages, aus dem dann später der Duden Schulbuchverlag wurde.

Was hat Sie damals veranlasst, zusätzlich die Institute für Lerntherapie - die zunächst auch unter dem Namen PAETEC firmierten - zu gründen?

Dr. Schmidt: Der Zufall spielte eine große Rolle. Dr. Andrea Schulz lernte ich damals durch Kollegen kennen. Sie promovierte gerade zu einem Thema auf dem Gebiet der Rechenschwäche und war auf der Suche nach einem Partner, der es ihr ermöglichte, Ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Praxis auch anzuwenden und damit Kindern mit Lernschwierigkeiten wirklich zu helfen. Ich fand das Thema sehr spannend. Das war damals richtiges Neuland. Selbst unter Lehrerinnen und Lehrern war Anfang der 90er Jahre die Rechenschwäche kaum bekannt und noch umstritten, ob es eine Rechenschwäche überhaupt gibt. Die Lese-Rechtschreib-Schwäche war bekannter und akzeptierter. Aber auch bei ihr war weitgehend unbekannt, dass diese mit integrativer Lerntherapie überwunden werden kann. Einrichtungen, in denen Kindern mit einer Rechenschwäche oder auch Lese-Rechtschreib-Schwäche geholfen werden konnte, gab es kaum. Deshalb empfand ich es als eine unternehmerische Herausforderung, genau solche Einrichtungen aufzubauen und damit Kindern und Jugendlichen mit extremen Lernschwierigkeiten Hilfe anzubieten.

Ist das heute anders? Machen Lehrerinnen und Lehrer heute auf die Defizite aufmerksam und wissen sie um die Hilfsmöglichkeiten?
Da hat sich in den vergangenen 20 Jahren viel getan. Heute sind Lehrerinnen und Lehrer für uns wichtige Partner. Sie bemerken meist als erste, wenn extreme Lernschwierigkeiten vorliegen. Bekannt ist inzwischen auch, dass man mit Lerntherapie den betroffenen Kindern oder Jugendlichen helfen kann, damit sie dennoch lesen, schreiben oder rechnen lernen. Was wir aber auch heute noch oft beobachten, ist, dass Lehrerinnen oder Lehrer bezweifeln, dass ein Kind beides zugleich haben kann, eine Rechen- und eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Die Kinder fallen dann oft als einfach „schlechte“ Schüler durch’s Raster.