Rechenschwäche

Kinder lernen Mathematik (auch) mithilfe digitaler Medien ‒ Beispiele aus der Lerntherapie

Teresa Milia beschreibt anhand von Praxisbeispielen aus der Online-Lerntherapie bei Rechenschwäche die Übertragung von typischen lerntherapeutischen Hilfsmitteln in digitalen Medien.

Praxisbeispiel zu Aufbau und Festigung des Zahlenraums 100 Wenn Kinder eine Aufgabe wie „73 ‒ 10“ nur mit Hilfe ihrer Finger rechnen können, kann dies ein Hinweis darauf sein, dass ihre Zahlvorstellungen noch nicht gefestigt sind. Eine sichere Orientierung im Zahlenraum gehört zur Entwicklung guter Zahlvorstellungen und bildet eine Voraussetzung dafür, dass Schulkinder zuverlässige Rechenstrategien erlernen. Diese sind notwendig, um zählendes Rechnen zu überwinden.

Digitale Medien als Hilfsmittel – Möglichkeiten und Grenzen Digitale Medien werden in den Duden Instituten für Lerntherapie seit den coronabedingten Schulschließungen immer mehr genutzt. Als Hilfsmittel – also Mittel zur Hilfe – können sie die Reflexion im Gespräch und den Vorstellungsaufbau an konkreten Objekten und konkreten Handlungen nicht ersetzen. Sie können aber das Festigen von Vorstellungen unterstützen. So könnten Vorstellungen zum Zahlenraum 100 aufgebaut werden, indem die Kinder eigenes Mehrsystemmaterial (siehe Foto oben) zur Verfügung gestellt bekommen. In einem Videotelefonat wird erarbeitet, mit diesen Holzwürfeln und -stangen Zahlen darzustellen und zu erkennen, sie aufzuschreiben und über ihre Zusammensetzung zu reflektieren. Die Verwendung konkreter Objekte zum Aufbau der Vorstellungen ist dabei unerlässlich. Haben Kinder diese bei sich zu Hause, kann deren Anwendung und ein entdeckendes Lernen aber durch digitale Anleitung erfolgen.

Abb. 1: Zehnerstreifen werden so sortiert, dass eine Hundertertafel entsteht

Übungen zur Vorstellungsfestigung des Zahlenraums 100 in der Onlinetherapie – ein Beispiel Übungen zur Erkundung des Zahlenraums 100 können am Zahlenstrahl oder in einer Hundertertafel erfolgen. Um solche Übungen online durchzuführen, kann beispielsweise ein Präsentationsprogramm genutzt werden. Solche Programme, wie z.B. Microsoft PowerPoint, erlauben eine flexible Beweglichkeit von Objekten und sind intuitiv zugänglich. Eine solche Übung könnte nun Streifen einer Hundertertafel enthalten, die das Kind so sortieren muss (Abb. 1), dass eine Hundertertafel entsteht. In dieser können dann weitere Übungen zum Aufsuchen von Zahlen und Untersuchen ihrer Umgebung erfolgen. Dafür liegt auf der Folie ein gelbes „Plättchen“ bereit, das ebenfalls vom Kind bewegt und in der 100er-Tafel positioniert werden kann. Eine andere Übung kann einen Zahlenstrahl mit vorbereiteten Feldern enthalten (Abb. 2), die im geteilten Fenster an den passenden Platz am Zahlenstrahl bewegt werden sollen. Für eine weitere Übung sind leere Felder vorbereitet, die das Kind ausfüllen kann.

Abb. 2: Zahlenkarten können an den Zahlenstrahl bewegt werden

Der große Vorteil solcher Übungen im Digitalen ist ihre Flexibilität. Arbeitsaufträge können ebenso in Komplexität und Schwierigkeitsgrad spezifisch angepasst werden.

Diese Übungen zeigen beispielhaft unsere ersten Erfahrungen in der neuen Online-Lerntherapie. Überraschend viele Übungen lassen sich genauso übernehmen, wie sie sich auch am analogen Therapietisch durchführen lassen. Übungen im Videochat können nicht alle analogen Übungen ersetzen, diese aber gut ergänzen. Darüber hinaus bieten die digitalen Weiterentwicklungen auch immer neue Möglichkeiten zu üben – und Spaß zu haben!

Über die Autorin

Teresa Milia ist Psychologin und wissenschaftliche Leiterin des Fachbereichs Mathematik des Duden Instituts für Lerntherapie Berlin-Treptow