Buchtipp: "Kinderseelen verstehen" von Armin Krenz

Kinderseelen verstehen. Verhaltensauffälligkeiten und ihre Hintergründe. Armin Krenz, München: Kösel.
ISBN 978-3-466-30921-4

In „Kinderseelen verstehen“ berichtet Prof. Dr. Armin Krenz auf Grundlage realer Fallbeispiele von diversen Verhaltensauffälligkeiten, die Kinder zeigen können, und versucht, ihre Hintergründe verständlich zu machen.

Die Fälle, die Krenz in wesentlichen Zügen wiedergibt, handeln von so unterschiedlichen Phänomenen wie Petzen, nächtlichem Einnässen, Daumenlutschen oder Essensverweigerung. Es geht um Marie, die nicht essen will, Maximilian, der vom Feuer (zu sehr) fasziniert ist, oder Lukas, der sich selbst durch Bisse Verletzungen zufügt. Die Kinder, von denen Krenz erzählt, sind teilweise noch im Kindergartenalter, teilweise jüngere Schulkinder.

Indem er den biografischen Hintergrund darstellt und zeigt, in welches familiäre und institutionelle Umfeld sich Verhaltensauffälligkeiten einordnen, kann Krenz plausibel machen, dass die irritierenden Verhaltensweisen – natürlich, ohne dass die betroffenen Kinder dies so klar formulieren können – praktisch immer Ausdruck existenzieller Nöte sind und/oder für die Kinder die Funktion haben, sich wenigstens in Teilbereichen ihres Lebens Momente der Entspannung zu verschaffen bzw. sich ihren Wünschen und Bedürfnissen gemäß auszuleben.

So führt er beispielsweise die diffusen Bauchschmerzen und die Übelkeit, unter denen der 8-jährige Selim leidet, darauf zurück, dass er permanent der Anforderung ausgesetzt ist, ein „gutes“ Kind zu sein und sich positiv von den drei Geschwistern abzuheben, die seinen Eltern auf unterschiedliche Weise Probleme bereiten. Und auch Krenz´ Deutung, dass der 8-jährige Torben im Übermaß Süßigkeiten isst, um sich Glücksgefühle zu verschaffen, die er mit anderen Mitteln nicht erlangen kann, ist nachvollziehbar. Krenz selbst weist darauf hin, dass nicht jede seiner Analysen, die kindlichen Verhaltensweisen oft sehr spezifische symbolische Bedeutung zuweisen, von jedem Leser zustimmend aufgenommen werden wird.

Die Fallbeispiele sind es aber in jedem Fall wert, genau und ohne Vorbehalte geprüft zu werden. Krenz´ Grundannahme, Verhaltensauffälligkeiten als konstruktiv zu betrachten, da sie „das krank machende System in Unruhe (…) versetzen“ (p. 153), weist Erwachsenen die Verantwortung zu, für die angemessene Gestaltung der kindlichen Lebenswelt Verantwortung zu übernehmen – sodass Kinder auf Verhaltensweisen, die sie selbst und ihre Mitmenschen verstören, verzichten können.