Pentomino-Puzzle

Ernsthafter Spielspaß in der Lerntherapie

Dr. Christian Werge, Leiter des Duden Instituts für Lerntherapie Halle

Eine wichtige Voraussetzung für das Erlernen des Rechnens ist die Geometrie. „[Sie] … ist das Eingangstor zur Naturwissenschaft, und dieses Tor ist so niedrig und so eng, dass du es nur als Kind durchschreiten kannst“, schrieb bereits der englische Mathematiker W. K. Clifford (1845 –1879).

Da sich das räumliche Vorstellungsvermögen demnach am besten in jungen Jahren entwickelt, liegt es nahe, Kindern die Grundlagen der Geometrie spielerisch zu vermitteln. Besonders gut eignet sich dafür das Pentomino-Puzzle, da es ein unerschöpfliches Reservoir an leichten, aber auch sehr anspruchsvollen Aufgaben bietet. Zudem ist es leicht herzustellen und kann von Kindern farbenfroh gestaltet werden.

Seit der amerikanische Mathematiker Solomon W. Golomb (*1932) im Jahr 1954 in einer Zeitschrift das Pentomino-Puzzle vorstellte, eroberte es weltweit die Klassenzimmer. Das Puzzle kommt auch in unseren Duden Instituten für Lerntherapie für zahlreiche Zielstellungen zum Einsatz.

In der einfachsten Form entsteht das Puzzle, wenn man je 5 gleich große Quadrate (griech. pente: fünf) zu 12 verschiedenen Puzzleteilen, den Pentominos, aneinanderfügt (Abb. 1). Daraufhin beginnt das Kind mit dem Puzzlen, um in der klassischen Variante eine bestimmte Figur mit allen 12 Teilen auszufüllen.

Einfache Figuren können auch schon von Vorschulkindern gelegt werden, bei größeren zu füllenden Flächen kommen oft auch Eltern und Lehrer ins Schwitzen.

Die nächste Herausforderung für die Schüler könnte es sein, aus den Puzzleteilen ein Rechteck zu legen, das z. B. 5 Quadratseiten lang und 4 Quadratseiten breit ist. Dazu benötigt man nicht alle, sondern nur 4 der Pentominos, aber ungeübten Kindern und auch Erwachsenen wird es trotzdem anfangs nicht leichtfallen, nur eine der 92 verschiedenen Lösungen zu finden.

Noch spannender ist es aber, im nächsten Schritt Rechtecke zu legen, die z. B. 7 Quadrate lang und 3 breit oder 8 Quadrate lang und 4 breit sind. „Das geht ja gar nicht!“, wird der aufmerksame Leser sagen, denn 21 (7 • 3) ist ebenso wenig wie 32 (8 • 4) durch 5 teilbar. Aber gerade das macht das Pentomino-Puzzle so interessant für den Einsatz in der Lerntherapie.

Nehmen wir z. B. die zuletzt genannte Aufgabe: Das Kind berechnet 8 • 4 = 32 und überlegt nun,„wie oft 5 in 32 passt“ oder, anders gesagt, wie viele Fünflinge auf das Rechteck gelegt werden können (32 : 5 = 6). Das ist eine der Grundvorstellungen beim Dividieren (Aufteilen) und darüber hinaus kann das Kind nun im doppelten Wortsinn begreifen, dass bei dieser Divisionsaufgabe ein Rest von 2 bleibt.

Alle Glieder dieser Divisionsaufgabe können unmittelbar mit der Lösung in Verbindung gebracht werden: 8 • 4 = 32 quadratische Felder sind zu belegen, stets sind in den Pentominos 5 Quadrate zusammengefügt, 6 Pentominos passen in die Form und es bleiben 2 Lücken.

Die Lösungszeit solcher Rätsel bleibt überschaubar, wenn nicht alle 12 Pentominos verwendet werden oder die Position der Lücken nicht vorgeschrieben wird.

Man kann mit den Pentominos alle Rechtecke ab einer Breite von 3 bis hin zum „Schachbrett“ (8 • 8 = 64; 64: 5 = 12 Rest 4) legen. Als Hilfe könnten z. B. einzelne Puzzleteile schon an geeignete Stellen gesetzt werden. Am schwersten zu lösen sind dabei die Rechtecke, die den Flächeninhalt 60 bzw. die Quader, die das Volumen 60 haben, z. B. 3 • 20 oder 2 • 5 • 6, bei denen man alle Puzzleteile verwendet.

Haben sich die Kinder in der Lerntherapie erst einmal mit den Pentominos vertraut gemacht, regen wir auch kopfgeometrische Übungen an. Mit unterschiedlich gefärbten Legeplättchen lösen sie einfache Rätsel ohne Zugriff auf die Puzzleteile. Sie wählen einzelne aus, drehen und wenden sie in ihrer Vorstellung. Schließlich zeichnen sie ihre Lösungen auf, spiegeln sie an einer Achse, drehen sie um 180° oder vergrößern eine Figur – alles anspruchsvolle Tätigkeiten zur Weiterentwicklung sowohl ihres räumlichen Vorstellungsvermögens als auch ihrer Orientierungsfähigkeit.