Rezension von Dr. Astrid Schröder, Leiterin des Fachbereichs Deutsch der Duden Institute für Lerntherapie
Dieses Buch des Autorenteams um Michael Ritter, Professor für Grundschuldidaktik Deutsch/Ästhetische Bildung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, verknüpft eine intensive fachdidaktische Diskussion zur Ausgestaltung eines inklusiven Deutschunterrichts mit konkreten Beispielen und Anregungen zur Umsetzung in die Unterrichtspraxis.
Im ersten Teil der Publikation geben die Autoren eine theoretische Einführung aus Sicht der inklusiven Pädagogik und der Deutschdidaktik. Im zweiten Teil, dem eigentlichen Hauptteil, werden dann in insgesamt neun Kapiteln konkrete Unterrichtsszenarien dargestellt und mit zahlreichen Beispielen illustriert. Der Schwerpunkt liegt dabei bewusst nicht auf Aufgaben zum Erwerb spezifischer Teilkompetenzen z. B. der Entwicklung der Handschrift oder des Rechtschreibens. Aufgrund der stark entwicklungsorientierten Förderung seien hier methodische Formate wie die individuelle Freiarbeit oder eine Förderung in Kleingruppen besonders gut geeignet.
Vor dem Hintergrund des Gedankens der Inklusion stellen die Autoren vielmehr das Prinzip der Gemeinsamkeit im Unterricht in den Bereichen sprachliches und literarisches Lernen in den Mittelpunkt des Buches. Beschrieben werden zahlreiche Lerngelegenheiten, die ausgehend von einer Situation des gemeinsamen Handelns (z. B. das gemeinsame Betrachten eines anspruchsvollen Bilderbuchs) vielfältige Möglichkeiten der Bearbeitung (z. B. Zeichnen, Erzählen oder Schreiben) von den einzelnen Schülern ermöglichen. Beschrieben wird eine Unterrichtskultur, die von Anfang an eine Anwendung der Lese- und Schreibfähigkeiten in der alltäglichen Unterrichtspraxis ermöglicht.
In Bezug auf die (Recht-)Schreibentwicklung besteht das Ziel, dass alle Kinder von Anfang an das (Recht-)Schreiben als eine Möglichkeit des persönlichen Ausdrucks erleben und sich dabei stets als kompetent in dieser Fähigkeit wahrnehmen. Hier wird auch häufig noch die vorhandene Barriere des inklusiven Deutschunterrichts, nämlich meist noch stark an der Schriftsprache orientierte Beurteilungskriterien thematisiert. Die Autoren treten dafür ein, dass es in Zukunft notwendig sein wird, ein neues Verständnis von entwicklungsorientierten Beurteilungen zu finden (indem bei Kindern mit Schwierigkeiten in der Rechtschreibung z. B. ein Erzähltext auf der Grundlage der mündlichen Erzählung bewertet wird).
Die vielen schriftlichen und mündlichen Textproben der Kinder und Beispiele aus dem konkreten Unterrichtsgeschehen zeigen eindrucksvoll und anschaulich, wie vielfältig die einzelnen Unterrichtsangebote umgesetzt werden können. Die Fragen und Impulse zur Weiterarbeit regen ebenso wie die zahlreichen Literaturtipps am Ende eines jeden Kapitels zur Umsetzung in die Praxis an.
Naug, N., Ritter, A., Ritter, M., Zielinski, S. (2016). Deutschunterricht in der inklusiven Grundschule. Perspektiven und Beispiele. Weinheim und Basel: Beltz.
ISBN: 978-3-407-25744-4