Welche Förder- und Therapieansätze sind bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche im Englischen wirksam?

Erkenntnisse aus der lerntherapeutischen Arbeit in den Duden Instituten

von Marleen Dudjahn, Fachbereichsleiterin Deutsch und Englisch der Duden Institute für Lerntherapie

Seit über 20 Jahren betreuen wir an unseren Instituten Kinder mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche. Im Rahmen dieser Therapien und im Kontakt mit Eltern und Schulen fiel es immer wieder auf, dass einige Schülerinnen und Schüler ähnliche Probleme beim Erlernen der Schriftsprache des Englischen haben. Aus diesem Grund haben wir uns verstärkt der Entwicklung eines Konzepts und um Materialien für die Lerntherapie auf dem Gebiet der Lese-Rechtschreib-Schwäche in der Fremdsprache Englisch gewidmet.

Häufig liegt das Problem in der phonologischen Bewusstheit, die eine wichtige Voraussetzung für den Schriftspracherwerb darstellt. Einigen Schülerinnen und Schülern gelingt es beispielsweise nicht, die Unterschiede zwischen ähnlichen Lauten zu hören. Handelt es sich dabei noch um Laute, die nicht in der Muttersprache vorkommen (z. B. das „th“), können sich die Probleme verstärken. Dies führt nicht nur zu Schwierigkeiten in der Artikulation: Da Laute zudem bedeutungsunterscheidend sind (z. B. think – sink), fällt es den betroffenen Kindern besonders schwer, diese Wörter auch in der Schriftsprache zu differenzieren und korrekt zu verwenden.

Ein weiterer Fehlerschwerpunkt für Kinder mit einer Englisch-Schwäche kann das Erkennen und die Umsetzung der komplexen englischen Orthografie sein. Die Buchstaben-Laut-Beziehungen, die die Kinder für das Deutsche gelernt haben, gelten plötzlich nicht mehr. Die betroffenen Schülerinnen und Schüler flüchten sich häufig in die bekannten Buchstaben-Laut-Beziehungen -Folgen aus dem Deutschen und richten sich danach (z. B. „häppi“ statt „happy“ oder „Ei em“ statt „I am“). Für diese Kinder ist es wichtig, die orthografischen Besonderheiten des Englischen bewusst und systematisch zu erarbeiten. Dabei geht es vorwiegend darum, dass sie die Regeln anhand von aufbereiteten Beispielen selbst entdecken und formulieren, um sie dann im nächsten Schritt eigenständig anzuwenden.

Neben den Schwierigkeiten beim Erlernen der englischen Schriftsprache können die Schülerinnen und Schüler auch Auffälligkeiten bei der Aneignung der Grammatik zeigen. Auch hier ist eine häufige Ursache, dass die sprachlichen Strukturen der Fremdsprache und ihrer Unterschiede zum Deutschen nicht verstanden und verinnerlicht wurden. Die Kompensationsstrategie ist ebenfalls das „Flüchten“ in bekannte Strukturen aus der Muttersprache. Zumeist zeigen sich die Probleme im Bereich des Satzbaus. Den Kindern ist nicht bewusst, welche Regeln bei der Satzbildung im Englischen beachtet werden müssen, und somit richten sie sich nach der Struktur deutscher Sätze (z. B. „Where live you?“ statt „Where do you live?“). Auch hierbei hilft eine sehr bewusst strukturierte Herangehensweise, bei der sie als „Sprachdetektive“ die entsprechenden Regeln selbst entdecken und formulieren müssen.

Bei der Erarbeitung aller fachlichen Inhalte ist eine multisensorische Herangehensweise äußerst wichtig. Die Kinder müssen die Sprache so aktiv wie möglich erfahren, denn je mehr Sinne angesprochen werden, umso sicherer ist die Verankerung des Erlernten im Gehirn.

Neben den fachlichen Inhalten an sich spielt auch der Aufbau von (verloren gegangener) Motivation und Steigerung des Vertrauens in die eigenen Leistungen eine große Rolle in der therapeutischen Arbeit. Die Schülerinnen und Schüler verbinden in der Regel viele Negativerlebnisse mit dem Englischen, da ihre bisherigen Erfahrungen dazu führten, dass sie trotz aufwendigen Übens keine Erfolgserlebnisse verbuchen konnten.

Daher gilt es, ihnen in der Therapie durch Erleben von Erfolgen und Fortschritten die Motivation zurückzugeben. Mit der Hilfe von passenden Lerntechniken und -strategien können sich auch lese-rechtschreib-schwache Schülerinnen und Schüler zu unabhängigen Fremdsprachenlernern entwickeln.