LRS in Englisch

Läuft alles flüssig – auch in Englisch

Wie lässt sich die Leseflüssigkeit fördern und damit die Grundlage für ein gutes Leseverständnis legen?

von Marleen Dudjahn

Der Sprung vom sicheren Lesen von englischen Wörtern zum sicheren Lesen von Texten stellt für viele Schülerinnen und Schüler beim Erlernen der Fremdsprache Englisch ein besonderes Hindernis dar. Gelingt ihnen das Lesen auf Wortebene schon sicher, so lassen sich beim Lesen von Texten häufig noch Lesefehler in der korrekten Aussprache der Wörter und im genauen Lesen beobachten. Im Englischen kommt erschwerend hinzu, dass die Buchstaben-Laut-Beziehungen sehr unregelmäßig sind und die Aussprache der Wörter nicht immer eindeutig vom Schriftbild abgeleitet werden kann (z. B. „ea“ in „bread“ als [ ᵋ ] und in „sea“ als [ i: ]). Die Unsicherheiten führen oft zu einem eingeschränkten Lesetempo und einer nicht adäquaten bzw. nicht vorhandenen Intonation. Man spricht in diesem Fall von einer eingeschränkten Leseflüssigkeit. Diese setzt sich aus den Komponenten des genauen Erfassens von Buchstaben-Laut-Beziehungen, der Automatisierung dieser Fähigkeit, einem angemessenen Lesetempo sowie dem betonten Lesen zusammen (Rosebrock & Nix, 2017). Eine gut entwickelte Leseflüssigkeit stellt die Voraussetzung dafür dar, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Konzentration auf das Wesentliche lenken können ‒ das Verständnis des Gelesenen!

Wie lässt sich die Leseflüssigkeit fördern?

Schülerinnen und Schüler mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche in Englisch zeigen häufig Einschränkungen in der Leseflüssigkeit, aber auch andere Kinder und Jugendliche sind davon betroffen. In mehreren Studien zur Förderung der Leseflüssigkeit in der Muttersprache konnten Lautleseverfahren einen positiven Effekt auf die Entwicklung der Leseflüssigkeit nachweisen (z. B. Rosebrock et al., 2011). Hierbei gibt es verschiedene Methoden, wovon eine das begleitende Lautlesen (Tandemlesen) ist. Beim Tandemlesen liest eine lesestärkere Person gemeinsam mit einer leseschwächeren Person. Diese profitiert davon, indem er oder sie Unterstützung für die Worterkennung, das Lesetempo und die Betonung im Satz erhält.

Tandemlesen in der Fremdsprache

Dieses Verfahren lässt sich auch auf die Förderung der Leseflüssigkeit im Englischen als Fremdsprache übertragen. Im Englischen wirkt sich dieses Verfahren besonders positiv aus, wenn Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten in der Etablierung der unregelmäßigen Buchstaben-Laut-Beziehungen haben. Der Ablauf kann wie in der Muttersprache sein (Rosebrock et al. 2011):

Tandemlesen: Ablauf

  • Eine Person gibt ein Startsignal.
  • Jetzt lesen beide Personen zusammen den Text halblaut vor. Der/Die stärkere Lesepartner/-in passt sich dabei mit dem Lesetempo an den schwächeren Leser / die schwächere Leserin an.
  • Wenn ein Fehler auftritt, wird das Lesen kurz unterbrochen und der Fehler wird korrigiert.
  • Danach beginnen beide wieder gemeinsam zu lesen.
  • Dieses Vorgehen wiederholt sich, bis man am Ende des Textes angelangt ist.
  • Am Schluss wird der ganze Text noch einmal wiederholt gelesen.
Tandemlesen ‒ allein und gemeinsam

Um eine Automatisierung dieser Fähigkeiten zu unterstützen, ist es notwendig, dass die Lernenden das Verfahren auch zu Hause üben. Nicht alle Eltern können ihre Kinder in der Fremdsprache ausreichend unterstützen und gerade ältere Schülerinnen und Schüler möchten nicht mehr mit ihren Eltern gemeinsam lesen. Hier kann auf digitale Hilfsmittel zurückgegriffen werden (z. B. Schröder & Wotschack, 2020). Ist den Lernenden das Verfahren und das Ziel des Übens bekannt, können sie dies auch allein üben. Hierfür eignen sich verschiedene Quellen. Beispielsweise findet man beim British Council zahlreiche Texte und kurze Geschichten, die von englischen Muttersprachler/-innen vorgelesen werden und für die immer eine Papierversion ausgedruckt werden kann, sodass die Lernenden mitlesen können. Die Auswahl der Inhalte kann an das Interessengebiet der Kinder und Jugendlichen angepasst werden. Deren Aufgabe ist es dann, sich den Text möglichst oft anzuhören und mitzulesen. In vielen Fällen zeigt sich relativ schnell ein positiver Effekt auf die Verbesserung der Leseflüssigkeit: Die Aussprache der englischen Wörter prägt sich ein, sie werden schneller ganzheitlich erkannt und gelesen. Auch das Lesetempo und das betonende Lesen zeigen Fortschritte. Die Grundlage für ein gutes Leseverständnis ist damit gelegt.

Literatur:

Rosebrock, C., Nix, D., Rieckmann, C., Gold, A. (2011): Leseflüssigkeit fördern. Lautleseverfahren für die Primar- und Sekundarstufe. Seelze: Klett/Kallmeyer.

Rosebrock, C. & Nix, D. (2017): Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.

Schröder, A. & Wotschack, C. (2020): Förderung der Leseflüssigkeit ‒ analog und digital. Erfahrungen aus der Lerntherapie zum Einsatz von Lautleseverfahren. Grundschulunterricht Deutsch, 4, 41‒45.

Über die Autorin

Marleen Dudjahn leitet den Fachbereich Englisch der Duden Institute für Lerntherapie und arbeitet als Institusleiterin am Standort Berlin-Treptow.