Bei Hausaufgaben helfen – aber wie?

Dr. Monika Rammert arbeitete an einer Studie an der Fakultät Psychologie der Universität Bielefeld mit, die das kompetenzunterstützende Verhalten von Eltern im häuslichen Lernumfeld untersuchte. Dort wurde auch das Elterntraining „Lernlust statt Lernfrust“ entwickelt, das sich intensiv mit den Fragen rund um das Helfen bei Hausaufgaben befasst.

In ihrem Beitrag verrät sie, worauf Eltern besonders achten sollten.


Welche Form der elterlichen Hausaufgabenhilfe führt zu mehr Lernfreude? Das war eine der zentralen Fragen in der Studie, in der 300 Kinder und ihre Eltern befragt und videografierte Lernsituationen ausgewertet wurden. Daraus ergaben sich Anregungen zur Gestaltung einer günstigen Lernsituation, von denen einige hier beschrieben werden.

Umfang und Schwierigkeitsgrad der Aufgaben beachten
Die meiste Lernlust und der größte Erfolg werden erzielt, wenn die Anforderungen der Aufgaben und die Fähigkeiten des Kindes optimal aufeinander abgestimmt sind. In vielen Schulen gibt es daher bereits individuelle Hausaufgaben. Alternativ kann die Kluft durch ein gut balanciertes elterliches Hilfsangebot ausgeglichen werden. Zuviel Hilfe kann dazu führen, dass das Kind lernt, sich auf seine Eltern zu verlassen und um Hilfe zu bitten, ohne sich zunächst selbst anzustrengen. Das Motto lautet daher “So viel Hilfe wie nötig, aber so wenig wie möglich“.

Fähigkeiten und Bedürfnisse des Kindes wahrnehmen
Voraussetzung für das richtige Maß an Unterstützung ist eine realistische Einschätzung der Fähigkeiten des Kindes. Grundsätzlich können Eltern davon ausgehen, dass ihr Kind die Aufgaben so gut erledigt, wie es kann, um Anerkennung und Lob zu erhalten. Aussagen wie „Das konntest du doch gestern, warum weißt du das denn heute nicht?“ führen eher zu Druck und in der Folge häufig zu Abwehrreaktionen. Gutes Beobachten und die Aufforderung „Sag mal, was du dir dazu überlegt hast!“ helfen dabei, die Denkweise des Kindes zu verstehen und es dann bei seinen Arbeitsschritten gezielt zu begleiten.

In zahlreichen Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Orientierung an den psychologischen Grundbedürfnissen nach Autonomie, Kompetenzerleben und sozialer Eingebundenheit zu mehr Lernmotivation beitragen.

Autonomes Lernen bedeutet, dem Kind die Verantwortung für den Lernprozess zu überlassen. Dabei darf es sich aber nicht alleingelassen fühlen. Auch hier ist es wichtig, sich an den Fähigkeiten des Kindes zu orientieren. Während manche Kinder von Anfang an ihre Aufgaben allein erledigen, benötigen andere eine intensive Begleitung, bei der Schritt für Schritt das selbstständige Lernen gelernt wird. Dazu gehört u.a. die Gestaltung des Arbeitsplatzes, das Bereitlegen aller benötigten Utensilien, die Festlegung der Reihenfolge, das schrittweise Vorgehen, die Kontrolle und die Selbstbestärkung.

Das Erleben von Kompetenz hängt sehr von den elterlichen Rückmeldungen ab, die wiederum die elterlichen Erwartungen widerspiegeln. Auch hier sind die Fähigkeiten des Kindes von zentraler Bedeutung. So ist es sinnvoll, ein lernschwaches Kind für die Lösung einfacher Aufgaben zu loben, während ein lernstarkes Kind erst bei schwierigen Aufgaben von einem Lob profitiert. Es hat sich gezeigt, dass es günstig ist, die Richtigkeit einer Aufgabe sachlich und eindeutig zurückzumelden, während das Kind bei einer falschen Lösung durch Nachfragen zum Weiterdenken angeregt werden sollte.

Sozial eingebunden fühlt sich das Kind, wenn es zweifellos spürt, dass auch bei Lernproblemen die Beziehung zu den Eltern ungestört ist. Die Aussage „Der macht das doch, um mich zu ärgern“ stimmt in Hinsicht auf Lernschwierigkeiten sicher nicht, es sei denn, es gab zuvor einen anderen Konflikt, der in die Hausaufgabensituation hineinschwappt. Ebenso kann Ärger aus dem Beruf oder aus der Schule die Situation negativ beeinflussen. Sich dessen bewusst zu sein hilft, im Vorfeld für „reine Luft“ zu sorgen.

Die eigenen Ziele - als Elternteil - reflektieren
Eltern, die ihr Augenmerk auf den Lernprozess und nicht in erster Linie auf das Produkt richten, zeigen häufig hohe, aber realistische Leistungserwartungen und tragen mit ihrem unterstützenden Verhalten zur Entwicklung einer selbstbestimmten Lernmotivation bei. Wenn das wichtigste Ziel jedoch die vollständige und richtige Erledigung der Hausaufgaben ist, greifen Eltern eher zu kontrollierenden oder überbehütenden Maßnahmen, die das Kind in seiner Entwicklung beeinträchtigen können. Es hilft, sich als Elternteil bewusst zu machen, welche Ziele man bei der Hausaufgabenhilfe verfolgt.

Die Erfahrung aus der Arbeit mit vielen Eltern zeigt, dass auch in stark konfliktbeladenen Hausaufgabensituationen ein Neuanfang möglich ist. Dabei hilft es, sich als Eltern nicht gleich alles auf einmal vorzunehmen, sondern Schritt für Schritt das kompetenzunterstützende Verhalten zu üben. Einen anderen Zugang zu finden, ist erlernbar!

Die Studie „Die Effektivität eines Elterntrainings im Hinblick auf kompetenzunterstützendes Verhalten der Eltern im häuslichen Lernkontext“ kann hier nachgelesen werden:

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