„Kannst du mal kommen? Ich versteh das nicht!“

Wie Eltern ihren Kindern bei Lernschwierigkeiten helfen können …

von Dr. Lorenz Huck, Leiter des Fachbereichs Interdisziplinäre Integration der Duden Institute für Lerntherapie

Viele Dinge, die uns schwerfallen, können wir von anderen Menschen erledigen lassen: „Kannst du dir mal meinen Computer anschauen?“, „Kannst du für mich einparken?“, „Kannst du meinen verletzten Arm versorgen?“ – Beim Lernen funktioniert das leider nicht. Die Frage „Kannst du nicht die Vokabeln für mich lernen?“ wird höchstens im Scherz gestellt.

Und so fühlen sich Eltern, deren Kinder Lernschwierigkeiten haben, oft ähnlich hilflos wie der Trainer einer unglücklich agierenden Fußballmannschaft: Er würde sich vielleicht gerne selbst einwechseln – ihm bleibt aber nichts anderes übrig, als vom Spielfeldrand aus gelegentlich eine Anweisung hineinzurufen und ansonsten dem Verhängnis tatenlos zuzusehen. Kein Wunder, dass in einer solchen Situation Frustration entsteht und schon manch ein Trainer einen Wutausbruch bekam. Kein Wunder auch, dass Eltern in der Hausaufgaben- oder Übungssituation manchmal die Beherrschung verlieren. Selbst wenn man sich damit abfinden kann, dass der direkte Einfluss auf den Lernerfolg des eigenen Kindes begrenzt ist - die besondere emotionale Nähe zwischen Kind und Eltern kann das gemeinsame Lernen häufig erschweren. Außerdem haben Eltern nur selten eine pädagogische oder didaktische Ausbildung.

Eltern haben einen indirekten Einfluss

Vielleicht macht es Eltern Mut, sich klarzumachen, dass sie einen sehr wichtigen indirekten Einfluss auf die Lernerfolge ihrer Kinder haben. Eine Forschergruppe um Edward Melhuish von der Universität Oxford fand in einer Studie, an der ca. 2 500 Kinder teilnahmen, heraus, dass ein anregendes und unterstützendes häusliches Umfeld einen großen und nachhaltigen Einfluss auf die Mathematikleistung eines Kindes hat (Melhuish u. a. 2008). Dieser Faktor war z. B. wesentlich wichtiger für das mathematische Können als das Geschlecht des Kindes – und er bestand unabhängig davon, wie hoch das Einkommen einer Familie war und welchen Bildungsstand Mutter und Vater hatten. Melhuish und seine Kollegen und Kolleginnen kommen daher zur Schlussfolgerung: „… what parents do is as important as what parents are“ – frei übersetzt: Es kommt nicht nur darauf an, was Eltern sind, sondern auch darauf, was Eltern tun (ebd., S. 1162).

Ein anregendes Lernumfeld schaffen

Was aber können Eltern tun, um ein anregendes Lernumfeld zu schaffen? Aus unserer Sicht gibt es im Wesentlichen fünf Möglichkeiten. Eltern können:

  • Vorbild sein,
  • helfen, die Freude am Lernen zu erhalten,
  • bei der Lernorganisation unterstützen,
  • Hilfe zur Selbsthilfe an die Hand geben und
  • ein positives Selbstbild fördern.